Die kleine Kugel beim Boule ist immer für große Mißverständnisse gut! Schon nach dem Auswurf geht es los! „Ist das eine Magnet-Sau?“ Noch vor der ersten Aufnahme wird dieses in die Runde gefragt. Nein! Das Cochonet selbst sollte nicht einen Magneten enthalten, sondern einen Eisenkern im Inneren besitzen – um mit einem Magneten aufgenommen zu werden! Ambitionierte Spieler halten bei diesem physikalischen Diskurs ohnehin gleich entgegen: „Ist doch sowieso nicht regelkonform!“ Und der nächste Mitspieler weiß zu berichten: „Doch solche Schweinchen sind jetzt offiziell zugelassen!“
Nachdem sich letztens auf dem Platz eine solche Diskussion entspann, habe ich mich mal drangesetzt, um Licht in die Daseinsberechtigung der „eisenhaltigen Sau“ zu bringen.
Zu Hause am PC die Suchmaschine mit den Begiffen „Petanque, Magnet, Zielkugel, Regeln“ gefüttert. Auffällig: Nicht beim DPV oder einer seiner Landesverbände landen die ersten Treffer zu dem Thema.
Erste ergiebige Fundstelle: Die Website „Boule in Schleswig-Holstein“ von Manfred und Inga Habenicht aus dem friesischen Breklum. Die beiden schreiben auf ihrer Seite: „Die Fédération Internationale de Pétanque et Jeu Provençal (F.I.P.J.P.) hat am 31. August 2021 in Ihrer Liste der zugelassenen Kugeln unter Teil B nun Zielkugeln der Firma OBUT, die mit einem Magneten (Foto rechts, Quelle Obut) aufgehoben werden können, mit einer Ausnahmegenehmigung versehen und zugelassen.“ Ergänzt wird der Hinweis um die F.I.P.J.P.-Vorgaben für Zielkugeln: Der Durchmesser muss 30 mm (Toleranz: +/- 1 mm) betragen. Ihr Gewicht muss zwischen 10 und 18 Gramm liegen. Die Anwendung der Spezifikationen in Bezug auf die erforderlichen Normen ist dabei einzuhalten. Und weiter schreiben die Habenichts: Ab sofort dürften diese Zielkugel laut DPV-Mtteilung vom 22.September 2021 zu Artikel 3, auf allen Veranstaltungen im DPV-Geltungsbereich genutzt werden.
Ist dem wirklich so? Also bei jemanden nachgefragt, der es wissen sollte: Mit Peter Blumenröther aus Boostedt bei Neumünster habe ich einen DPV-Schiedsrichter kontaktiert, der gleich umfassend über den Stand des Schweinchen-Themas informiert. Blumenröther schreibt: Im September habe Holger Franke, damaliger DPV-Vizepräsident und fürs Schiedsrichterwesen zuständig, alle DPV-Schiedsrichter per Mail darüber informiert, dass der Weltverband die „eisenhaltige Zielkugel“… „als eine Ausnahme“ zugelassen habe. Wenig später sei es in einer zweiten Mail darum gegangen, dass die mit einem Patent versehene Obut-Zielkugel aus Kunststoff zu schwer sei: Statt maximal 18 Gramm bringe sie deutlich mehr auf die Waage. Blumenröther dazu: „Ich behaupte, eine Zielkugel mit 25 Gramm wird sich im Spiel nicht wesentlich anders verhalten als eine 18 Gramm.“ Der damalige DPV-Vize Holger Franke schrieb ihm,“Ich müsse nicht mit der Briefwaage aktiv werden „Der DPV-Schiedsrichter: „Werde ich auch nicht!“
Zwischenzeitlich ist im November Hugo Port zum neuen DPV-Vizepräsidenten Schiedsrichterwesen gewählt worden. Und wie sieht der das Thema? Er antwortete auf meine Anfrage: „Nach dem offiziell geltenden Règlements vom Dezember 2020 in (französisch), der offiziellen englischen Übersetzung durch den europäischen Verband als auch unserer deutschen Übersetzung entspricht die Zielkugel nicht den Vorgaben, sie ist definitiv schwerer als 18 Gramm (ca. 23 gr) und darf daher nicht verwendet werden. Eine entsprechende Meldung ist bereits über den europäischen an den Weltverband ergangen.“
Fazit: Was die F.I.P.J.P. bewegt hat, dieser nicht regelkonformen Sau eine Ausnahme zu erteilen, bleibt damit weiter ungeklärt.
Fakt ist: Wer bei Turnieren oder bei anderen offiziellen offiziellen Spiel-Anlässen hier zu Lande die Sau auswerfen will, wird sich weiterhin bücken müssen, um sich nicht angreifbar zu machen. Wogegen allerdings aus meiner Sicht auch nichts spricht. Schließlich ist Boule ein Bewegungssport! 😉
PS Ganz pragmatisch sieht es übrigens Ulli Brülls, Betreiber der Website ptank.de – ihm sind die patentierten Obut-Schweine ohnehin „einfach zu teuer“.
PPS Nachdem ich mit meiner Recherche fertig war, habe ich dann doch noch eine aufschlußreiche Website zum Thema gefunden: Das Boule Petanque Magazin qlaq.de lässt allerdings an den Ausnahme-Schweinchen auch keine gute Borste, um mal im Bild zu bleiben! sar